Die Nürnberger Firma DEFET stellt bereits seit vielen Jahrzehnten qualitativ hochwertige Pinsel in Handarbeit her. Wir haben hinter die Kulissen geschaut und wollen Euch einen Einblick in dieses alte Handwerk geben. Gerhard Schering von der da Vinci Künstlerpinselfabrik DEFET GmbH hat uns unsere Fragen beantwortet.
Helle, lichtdurchflutete Räume und eine erstaunliche Ruhe: Die Pinselmacher arbeiten hochkonzentriert und lassen sich durch nichts beirren. Auffallend ist nur ein stetig rhythmisches Klopfen, welches die Ruhe durchbricht. Meister, Gesellen und auch Lehrlinge sitzen vertieft vor ihren Arbeitsplätzen und stellen konzentriert und in Handarbeit die Pinsel her.
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Herr Schering, alle arbeiten hoch konzentriert und es ist erstaunlich ruhig. Nichts erinnert hier an eine typische Fabrik und nur ein Klopfgeräusch ist zu hören. Woher kommt dieses rhythmische Klopfen?
Gerhard Schering: Der Pinselmacher füllt mit einem einzigen Dreifingergriff eine Messingbüchse mit der passenden Haarmenge des gewünschten Pinsels. Dann klopft er mit dem Behälter auf die Tischplatte, bis jedes Haar Boden unter den Füßen hat. Genauer gesagt, bis die Haare Boden unter den Kopf haben, denn sie stecken
verkehrt herum im Behältnis. Das ist dann auch das Klopfen, was hier stetig zu hören ist.
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Wie werden denn genau die Pinsel in ihre Form gebracht?
Gerhard Schering: Wenn die Haare in die Messingbüchse geklopft worden sind, werden diese wieder aus dem Gefäß gezogen. Der kleine Strauß Haare wird dann in eine Fadenschlinge gesteckt und zwischen den Fingerspitzen gedreht. Mit den Zähnen hält der Pinselmacher hierbei den Faden stramm. In die Metallzwinge geschoben, muss die aufgegriffene Haarmenge die Fassung straff füllen. Das Beeindruckende: Nur das Haarquantum für 100 Pinsel ist zur Kontrolle auf der Goldwaage abgewogen. Der Pinselmacher greift mit Fingerspitzen genau ein 100stel dieser Menge. Für einen Rotmarderpinsel der Größe 10/0 benötigt man exakt 0,010 Gramm Haare, für die Größe 12 wird 1,11 Gramm benötigt und für die Größe 24 nimmt der Pinselmacher ganz genau 4,12 Gramm. Die Arbeit des Pinselmachers benötigt hierfür ein hohes Maß an Geschicklichkeit und mancher qualitätsentscheidender Kniff ist sogar einzigartig.
Nur Messer und Schere braucht der Pinselmacher zur Arbeit. Die Schere zum Durchschneiden des Fadens, das Messer um gelegentlich verkehrt liegende oder stumpfe Haare und Borsten entfernen zu können. Der Gedanke aber, einen Künstlerpinsel mit der Klinge, Messer oder Schere zu bearbeiten, lässt jeden Pinselmacher blass werden, denn das gehört so überhaupt nicht zu seinen Tätigkeiten.
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Das hätten wir uns so nicht vorgestellt und sind wirklich beeindruckt von dem dafür benötigten Fingerspitzengefühl. Wie lange dauert es denn, bis ein Pinsel in Handarbeit fertig gestellt wird?
Gerhard Schering: Dies kann nicht generell gesagt werden. Ein großvolumiger Pinsel braucht mehr Zeit zum Fertigen wie ein kleiner Pinsel zum Beispiel in der Größe 10/0. Somit kann die Herstellung des Kopfes von Sekunden bis zu Stunden dauern. Rechnet man die weiteren Arbeitsgängen wie zum Beispiel das Bestielen, die Trocknung, das Häubeln dazu, kann die Herstellungszeit eines großen Pinsels auch mehrere Tage beanspruchen.
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Wie viele verschiedene Pinsel führt da Vinci denn in seinem Sortiment?
Gerhard Schering: Im Künstlerpinselsegment haben wir über 4.000 Variationen, also Serien und Größen im aktuellen Sortiment. Hinzu kommen noch Pinsel aus dem Kosmetik-, Nail- und Dentalbereich. Insgesamt fertigen wir pro Jahr über 6 Millionen Pinsel, die dann in alle Kontinente geliefert werden.
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Die wertvollsten Haare für die Herstellung der Pinsel sind die des Rotmarders oder genauer gesagt, die des Feuerwiesels. Würden Sie uns verraten wie teuer ein Kilo Haare sind?
Gerhard Schering: Bei den Rotmarder-Haaren gibt es preislich sehr große Unterschiede. Genau genommen werden die Schweifhaare des Kolinsky-Rotmarders verwendet. Wir verarbeiten und unterscheiden: Harbin-Kolinsky, nach der Hauptstadt der nördlichsten mandschurischen Region benannt. Das Hauptverbreitungsgebiet dieses „mustelas” sind die Flussniederungen am Ussuri, dem sibirischen Grenzfluss zur Mandschurei. Der Schweif dieses Kolinsky-Marders ist etwas kleiner, der Haarwuchs jedoch sehr kräftig, buschig und fein in der Spitze. Tobolsky-Kolinsky und Ussuri-Kolinsky sind nach den östlichsten Flüssen Sibiriens benannt.
Der „mustela sibirica” lebt in den Stromlandschaften von Ob, Lena, Amur und des Ussuri. Dort wird der Bestand dieser Tiere ständig
kontrolliert, da sie durch ihre Lebensweise auch Uferbefestigungen unterhöhlen. Der männliche „mustela sibirica” hat einen außerordentlich prächtigen, buschigen Schweif, aus dessen Haarbesatz der Maestro-Aquarellpinsel gebunden ist. Aus der Flussregion Tobol kommen die wertvollsten Haare, die aufbereitet bis zu 13.000 € kosten können. Ganz entscheidend dabei ist, dass das Haar vom Winterschweif männlicher Tiere gewonnen wird. Haare aus anderen Gegenden werden zu günstigeren Preisen abgegeben. Somit sind die Preise abhängig davon, aus welcher Region die Schweife stammen.
Haare anderer Marder, wie des asiatischen Wiesels oder die Haare weiblicher Tiere, die ebenfalls rotgolden sind, aber nicht so fein und nicht ganz so elastisch, werden auf den Weltmärkten für weniger als den halben Preis gehandelt. Die Pinselbranche verarbeitet sie seit je unter dem Sammelbegriff „Rotmarderhaar“
Das so genannte Reinhaltegebot wird heute leider mehr und mehr missachtet. Oft wird der Qualitätsbegriff Kolinsky großzügig auch dann benutzt, wenn es sich um jenes einfache Rotmarderhaar handelt. Bei da Vinci Kolinsky-Rotmarderpinsel darf man sicher sein, dass sie halten, was der Name verspricht.
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Die Aufgaben eines Pinselmachers klingen wirklich spannend. Wird der Ausbildungsberuf zum Pinselmacher bei Ihnen aktuell angeboten?
Gerhard Schering: Ja, derzeit beschäftigen wir einen Auszubildenden, der in Kürze mit der Berufsausbildung fertig sein wird. Innerhalb einer 3-jährigen Ausbildung bilden wir Pinselmacher aus, die dann auch in der Regel bei uns übernommen werden. Für das kommende Ausbildungsjahr wollen wir wieder einen Pinselmacher-Auszubildenden einstellen. Derzeit laufen noch die Gespräche. Anzumerken wäre noch, dass sämtliche Pinsel bei uns in Nürnberg gefertigt werden und dass wir keine Fertigung im Ausland haben. Durch die Ausbildung der eigenen Pinselmacher und durch die grundsätzliche Fertigung „made in Germany“ ist ein gleichbleibender hoher Qualitätsstandard gewährleistet.
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Vielen Dank, Herr Schering, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben. Wenn wir jetzt den handgefertigten da Vinci Pinsel zur Hand nehmen, wissen wir nun, welche zeitaufwendige Arbeit dahinter steckt.
httpv://www.youtube.com/watch?v=TWAXdGRlqMg&feature=player_embedded
Video über die Produktion von handgefertigten Künstlerpinsel
Wer seine Pinselsammlung erweitern will, wir führen eine große Auswahl an da Vinci Künstlerpinsel in unserem Shop.
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