Mit 12 Jahren verlor Silja Korn ihr komplettes Augenlicht. Als Elfjährige erlitt sie durch einen Autounfall eine schwere Gehirnerschütterung und eine innere Augenverletzung. Diese wurde zu spät erkannt und führte zu einer vollkommenen Erblindung. Doch aufgegeben hat Silja nie – im Gegenteil!

Ihre Mutter zeigte ihr damals die gestalterische Tätigkeit mit Ton und sie versuchte sich an vielen weiteren Ausdrucksmöglichkeiten wie beispielsweise Korbflechten und Specksteinbearbeitung. Doch nichts konnte sie wirklich aufblühen lassen. Im Internet stoß Silja dann auf zwei Künstlerinnen, die mit blinden Menschen Malprojekte begleiteten. Von dieser Idee inspiriert, nahm sie Kontakt zu einer sehenden Künstlerin auf, die sie in die Welt der abstrakten Malerei einführen und unterrichten sollte. Silja Korn betrachtete die Malereien auf ihre Art und befühlte mit ihren Fingern die gemalten Leinwände. Bestärkt durch den Willen sich selbst zum Ausdruck zu bringen, begann sie 2007 mit der Malerei.

Wie malen blinde Künstler?

Die Frage stellt sich zwangsläufig, wenn man daran denkt, dass eine Künstlerin die nichts sehen kann, ein Bild malt. Doch dies scheint gar nicht so unmöglich, wie vielleicht vermutet. Die Farbe wird pastös mit Pinsel, Spachtel oder auch mit den Händen auf die Leinwand aufgetragen. Darüber hinaus wird mit unterschiedlichen Strukturpasten, Sand und anderen Materialien gearbeitet. Die entstandene Struktur der Oberfläche kann nach dem Trocknen ertastet und auf diese Weise “betrachten” werden. Da Silja erst mit 12 Jahren erblindete, hat sie die Farben nicht vergessen. Mit der Malerei bringt sie diese wieder vor ihr inneres Auge und lässt bunte Bilder auf der Leinwand entstehen.

Die Betrachtung ihrer Bilder

Silja Korn malt ihre Bilder so, dass sie in mehrfach gedrehter Ausführung zu sehen sind. Sie möchte nicht nur eine Sichtweise darstellen, denn jeder soll die Möglichkeit haben, etwas eigenes darin interpretieren zu können. Inspiriert wird Silja dabei von Eindrücken, die sie im Laufe ihres Tages beschäftigen. Gedanken, Geräusche und Gefühle lässt sie in ihr kreatives Schaffen mit einfließen. Sie bringt ihre Emotionen auf die Leinwand und visualisiert ihre Gefühle – so werden sie für andere sichtbar. Bereits in vielen Ausstellungen konnte Silja ihre Bilder präsentieren. Ihre Arbeiten fertigt sie dabei nicht nur mit Farben an, sondern gerne nutzt sie auch Eierschalen oder Seidenpapier um neue Strukturen zu schaffen. So ist es möglich, dass ihre Bilder nicht nur betrachtet, sondern auch von Blinden befühlt werden können. Da Silja beide Welten kennt, ist es ihr wichtig, dass sie ihre Bilder auch beiden Welten zugänglich macht.

Eine blinde Künstlerin geht ihren Weg

Grenzen scheinen Silja generell unbekannt zu sein, denn auch bei der Berufswahl hat sie sich nicht wirklich für eine typische Lehre entschieden. Sie war 1989 die erste blinde staatlich anerkannte Erzieherin in Deutschland. Bis dahin gab es nur blinde Sonderpädagogen und auch hier entschied sich Silja, Grenzen zu durchbrechen. Mit dem Behindertengleichstellungsgesetz von 2002 hat sie dann eine Assistentin bekommen, die sie bei der Vorbereitung unterstützt, wie zum Beispiel ein Bilderbuch mit Blindenschrift zu bestücken.

Den Traum selbst Auto zu fahren, hat sich Silja auch vor kurzem ermöglichen können. Im Driving Center Groß Dölln in der Uckermark konnten sich 400 Blinde und Sehbehinderte hinter das Steuer setzen und unter Anleitung erste Fahrversuche unternehmen. Dabei waren auch Fahrten bis zu 140 km/h möglich. Einen Segelflug machen, als Darstellerin im Theater mitspielen, Fußball spielen oder zum Pferderennsport: Für Silja scheint nichts unmöglich zu sein. Gegen viele Vorurteile zu kämpfen prägte Silja, aber unbeirrt verfolgte sie ihre Ziele und bricht seither mit Erfolg Grenzen auf. Ihr Motto lautet dabei stets: „Höre nicht nur auf andere, höre auch auf Dich!“

Weitere Links

  • Zur Webseite von Silja Korn: http://www.siljakorn.de/
  • Zum Blog von Silja Korn: http://korns-seite.de/blog_silja_korn/
  • Künstlerbedarf im Staffeleien-Shop